Versunkener Bagger im Königsmoor

Im Herbst 2012 startete die Stiftung Naturschutz den zweiten Bauabschnitt zur Renaturierung des Königsmoores. Der Auftrag zur Vernässung der Flächen war zunächst an das Unternehmen Rüchel & Plöhn aus Holzbunge gegangen.

Doch das feuchte Moor bereitete den Beteiligten zunehmend Schwierigkeiten. Zwischenzeitlich ruhten die Arbeiten. Später setzte das Unternehmen von Thies Buhmann aus St. Michaelisdonn die Arbeiten fort. Am 14. Dezember 2012 kam es zum Unglück. Der moorige Boden war zu weich und gab unter der Last des Baggers nach. Das Gefährt versank im Morast.

Innerhalb kürzester Zeit machte die Nachricht vom versunkenen Bagger die Runde. Zahlreiche Schaulustige pilgerten zum Unglücksort. Täglich wurden es mehr. Fünf Tage später kam es zum ersten Bergungsversuch. Der 21-Tonnen-Bagger lag jedoch zu tief im Moor. Mehrfach rissen die Seile. Nach sechs Tagen wurden die Medien auf die Ereignisse in Christiansholm aufmerksam. Doch an weitere Rettungsaktionen war vorerst nicht zu denken. Pumpen liefen Tag und Nacht, um das Wasser, das sich rund um den Bagger sammelte, abzupumpen. Während der Weihnachtsfeiertage und am Neujahrstag pilgerten immer wieder Menschen ins Königsmoor. Autos mit Kennzeichen aus den unterschiedlichsten Kreisen irrten über die Feldwege, um den versunkenen Bagger zu sehen. Um die Bergungsarbeiten nicht weiter zu behindern, wurde der Bereich weiträumig abgesperrt.

Auf der Internetseite der Gemeinde häuften sich die Besucherzahlen. In den ersten drei Tagen des Jahres 2013 waren es 1110 Besucher, ein Wert, der zuvor im kompletten Monat November 2012 erreicht wurde. Videoclips vom versunkenen Bagger auf Youtube wurden innerhalb weniger Tage zehntausend Mal angeklickt. Die Freiwillige Feuerwehr Christiansholm unterstütze sodann den NDR dabei, eine Webcam in der Nähe des versunkenen Baggers zu installieren. Man erhoffte sich dadurch, den anhaltenden Sensations-Tourismus einzudämmen.
Am 7. Januar 2013 kam Peter Vermeulen, Technischer Leiter eines holländischen Unternehmens, nach Christiansholm. Er war von Thies Buhmann beauftragt worden, mithilfe eines Spezialbaggers auf Schwimmpontons bei der Bergung zu helfen. Mitarbeiter der holländischen Firma Olieman rammten an dem Tag Spundwände rund um den versunkenen Bagger ins Moor. Die sollten ein Absacken des Bodens verhindern, während der Bagger freigelegt wird. Zwischenzeitlich war der Bereich um den Unglücksort im Umkreis von drei Kilometern abgesperrt worden, weil immer es immer wieder zu Problemen mit Schaulustigen kam.

Die Retter vor Ort tauften den im Königsmoor versunkenen Bagger zwischenzeitlich auf den Namen „Oma”. Vier Wochen steckte die Baumaschine mittlerweile im Moor fest und war zu einem ein Medienstar geworden. Das Schleswig-Holstein Magazin des NDR berichtete zu Beginn des Jahres 2013 beinahe täglich aus Christiansholm. Auch Redakteure der BILD-Zeitung wagten sich an das Objekt heran und titelten: „AU BACKE(R)! 23-Tonnen-Koloss versinkt im Moor.” Selbst Moderator und Entertainer Stefan Raab gab dem „Ereignis des Jahres” in seiner Sendung TV Total auf Pro Sieben breiten Raum. Auch mit ironisch gemeinten Tipps hielt er sich nicht zurück: Die Maschine sollten die Christiansholmer als Touristenattraktion im Moor lassen, dann werde der Bagger bald so berühmt wie der schiefe Turm von Pisa. Raab regte zudem den Bau eines Hotels an. „Aber dafür benötigt man doch einen Bagger, oder?” Das Satire-Magazin Extra3 gab mit Hinweis auf die NDR-Webcam den Tipp: „So ihr Horden von Baggerkiekern, ab nach Hause vor eure Rechner.” Und auch TV-Teams von Sat.1 und RTL machten sich auf den Weg ins Königsmoor.
Ungeachtet dessen war „Oma” am 10. Januar freigelegt worden. Der weiche Grund bereitete aber weiter Schwierigkeiten. Das Moor drückte mit enormer Kraft gegen die Spundwände. Eine heikle Angelegenheit für die Arbeiter, die nun hoffen konnten, die Bergungsaktion bald beenden zu können. Am späten Abend erreichte dann ein Schwertransport die Gemeinde Christiansholm. Der Schwimmbagger „Big Float” war eingetroffen.

Am 11. Januar knallten dann endlich die Sektkorken. Riesenjubel im Königsmoor. Das unfreiwillige Moorbad von Bagger „Oma” hatte ein Ende. Mit großem Materialeinsatz war die Bergung am Nachmittag geglückt. Lohnunternehmer Thies Buhmann aus St. Michaelisdonn saß lächelnd im Führerhaus der 19 Jahre alten Baumaschine. Mit einer hinter einem Traktor befestigten Seilwinde wurde das Gerät über eine selbst konstruierte Rampe aus Spundwänden, Stahlplatten und Holzbohlen herausgezogen. Um 14.20 Uhr stand der Bagger auf der sicheren Plattform. „Ein bewegender Moment”, sagte Thies Buhmann. Die Mitarbeiter des Unternehmens umarmten sich. Sektflaschen wurden geöffnet. Die Freude über die geglückte Operation war riesengroß. „Das ist wie Weihnachten und Ostern an einem Tag“, freute sich Bauarbeiter Klaus Kühl. Das älteste Gefährt im Fuhrpark des Unternehmens, von allen liebevoll „Oma“ genannt, war wieder einsatzbereit. Aber erst einmal kam der Bagger zwecks Überprüfung in die Werkstatt. Die Rettungsaktion hatte den ganzen Tag über viele Bagger-Touristen nach Christiansholm gelockt. Aus dem ganzen Land waren Schaulustige angereist, um die Bergung hautnah mitzuerleben. Feuerwehr und Polizei hatten den Bereich großräumig abgesperrt. Doch drei Kilometer Fußmarsch schreckten die wenigsten ab. Dennoch gab es unangenehme Momente. „Von einigen werden wir hier sogar noch beschimpft”, sagte Wehrführer Sönke Delfs kopfschüttelnd. Die Freiwillige Feuerwehr Christiansholm war vom Unternehmer Thies Buhmann gebeten worden, bei der Sicherung der Bergungsstelle zu unterstützen. „Einige wären am liebsten mit ihrem Auto direkt zum Bagger gefahren.” Doch der zwischenzeitliche Ärger war nach der geglückten Aktion vergessen. Vier Wochen hatten die Arbeiter geackert, um ihre Maschine zu befreien. Und nach dem Erfolg freuten sich alle auf eine zünftige Bagger-Fete.

Aber schon eine Woche später rief der Alltag den Lohnunternehmer Thies Buhmann wieder ins Königsmoor. Der Auftrag der Stiftung Naturschutz musste weiter abgearbeitet werden. Bis März 2013 waren noch 5000 Meter Dämme aufzuschütten und Gräben zu verfüllen, um eine Fläche von 76 Hektar zu vernässen. Aber der Dithmarscher setzte dabei auf eine sichere Variante. Mit dem eingetroffenen Schwimmbagger wurde der Auftrag abgearbeitet.